Versicherungsvertrag – Leistungspflicht des Versicherers trotz Gefahrenerhöhung?

In der neuesten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zum Versicherungsvertragsrecht hat der OGH eine generelle Haftung von Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmern (VN) bei einer sogenannten Gefahrenerhöhung durch die/den VN verneint.

Von einer Gefahrenerhöhung im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes (VersVG) ist dann zu sprechen, wenn der Eintritt des versicherten Risikos durch eine nach Abschluss des Versicherungsvertrages geschaffene (zusätzliche) Gefahr erheblich erhöht wird. Durch eine solche Gefahrenerhöhung wird der Eintritt des Versicherungsfalles oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher. Daher ist eine Gefahrenerhöhung anzeigepflichtig, weil sie den Versicherer veranlassen kann, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen eine erhöhte Prämie fortzusetzen.

In der konkreten Entscheidung des OGH hatte der VN beim Aufstellen eines Ofens einen zu geringen Abstand zwischen Ofen und der angrenzenden Raumwand eingehalten. Grundsätzlich stellt dieser Sachverhalt eine Gefahrenerhöhung dar, weil die Gefahr eines Brandes bei Nichteinhaltung eines vorgesehenen Abstandes geradezu erhöht wird. In diesem entscheidungsrelevanten Sachverhalt wurde der VN aber sowohl vom Rauchfangkehrer als auch vom Maurer darüber aufgeklärt, dass keine Brandgefahr bestehe, weil unter anderem der an der angrenzenden Wand aufgebrachte Lehmputz eben nicht brennbar sei.

Nach der zutreffenden Ansicht des OGH traf dem VN in dieser Konstellation kein Verschulden, da er auf die vom Fachmann (Handwerker) eingeholten Informationen vertrauen durfte. Die Versicherung muss daher wie vereinbart ihre Versicherungsleistung zur Gänze erfüllen. Anders wäre die Situation zu beurteilen gewesen, wenn dem VN eine schuldhafte Gefahrenerhöhung vorgeworfen werden könnte.

Dr. Halil ARSLAN

(Veröffentlicht in der Ausgabe der Vorarlberger Nachrichten (VN) vom 30. März 2021)

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